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Berlin – Volksbegehren Wohnungsenteignungen

In der Bundeshauptstadt Berlin steht ein Novum an. Im April 2019 startet eine Bürgerinitiative eine Unterschriftensammlung, um ein Volksbegehren auf den Weg zu bringen, das dazu führen soll, große Wohnungsgesellschaften in Berlin zu enteignen. Es wäre dabei das erste Mal, dass der Artikel 15 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland Anwendung finden würde. In diesem Artikel ist festgelegt, dass Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel gegen Entschädigung in Gemeineigentum überführt werden können.

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Wohnungsenteignungen | © Free-Photos Pixabay

Warum ein Volksbegehren in Berlin?

Berlin ist keineswegs die einzige Großstadt in Deutschland, in der in den letzten Jahren die Mietpreise regelrecht explodiert sind. Doch die Berliner Bevölkerung hat damit mehr Schwierigkeiten als die Bewohner anderer Großstädte, sogar über die Landesgrenzen hinaus. Dazu muss zunächst der historische Hintergrund betrachtet werden. Die ehemals geteilte Stadt besaß über Jahrzehnte hinweg einen Sonderstatus und wurde von einem Senat regiert, der sehr wohl darauf achtete, dass genügend preiswerter Wohnraum zur Verfügung stand. Hinzu kam, das die Einwohnerzahl in Berlin zwar direkt nach dem Mauerfall 1989 in nur vier Jahren um gut 75.000 auf 3,47 Millionen Personen anstieg, aber von 1994 bis 2012 wiederum kontinuierlich auf 3,37 Millionen gesunken ist. Erst in den letzten 6 Jahren zeigte sich ein sehr deutlicher Zuwachs und heute, Stand 2019, sind es mit 3,61 Millionen gut 240.000 Menschen mehr. Ein nicht geringer Teil dieser Berliner Neubürger sind Gut- und Besserverdiener, die hauptsächlich aus beruflichen Gründen nach Berlin gezogen sind. Berlin und Hamburg weisen aktuell die höchsten Zuwachsraten in ganz Deutschland aus.

Wohnungsenteignungen, schaffen keine einzige neue Wohnung, sondern binden Geld für den Bau zusätzlicher Wohnungen - Bild: 2424508
Wohnungsenteignungen, schaffen keine einzige neue Wohnung, sondern binden Geld für den Bau zusätzlicher Wohnungen | © andre_berlin auf Pixabay

Hinzu kommt aus Sicht vieler Berliner Alt-Mieter ein fataler Fehler des Berliner Senats aus dem Jahr 2004. Damals verkaufte der Stadtstaat Berlin 50.000 Wohnungen für nur 405 Millionen Euro an die „Deutsche Wohnen“. Allerdings musste diese mit den Wohnungen auch 1,56 Milliarden Euro Schulden übernehmen. Also in Summe 2 Milliarden. Pro Wohnung waren das dann 40.000 Euro. Für die Hauptstadtlage durchaus ein Schnäppchen. Der aktuelle Marktwert dieser Wohnungen beträgt heute 7 Milliarden Euro. Zudem wuchs der Wohnungsbestand der „Deutsche Wohnen“ kontinuierlich auf aktuell 110.000 Objekte allein in Berlin. Als Aktiengesellschaft ist das Unternehmen natürlich renditeorientiert, was sich in entsprechenden Mietpreissteigerungen bemerkbar macht.

Berliner „Häuserkampf“

Diese Marktmacht der „Deutsche Wohnen“ in Berlin macht sie nun zum hauptsächlichen Ziel der Initiative zum Volksbegehren, aber auch alle anderen Wohnungsunternehmen mit einem Bestand von über 3000 Wohnungen. Doch bringt eine Enteignung der Unternehmen wirklich eine Entlastung auf dem Wohnungsmarkt? Zunächst einmal nicht, denn ob nun die „Deutsche Wohnen“ Eigentümer ist oder die Stadt Berlin bleibt sich gleich, denn die Wohnungen sind ja schon vermietet. Der spekulative Leerstand, oft ein Hauptargument der Enteignungsinitiatoren, kommt in Berlin kaum zum Tragen. Von 700.000 Wohnungen befanden sich im Jahr 2018 gerade einmal 1,7 % zeitweise im Leerstand, hauptsächlich aufgrund von Renovierungsarbeiten oder Mieterumzug.

Ob nach einer Enteignung die hohen Mieten sinken würden, ist auch fraglich, denn die Stadt Berlin müsste schätzungsweise 40 Milliarden Euro Entschädigung an die Wohnungsgesellschaften bezahlen (Gedankenspiele zu 40.000.000.000 Euro: was könnte man da bauen?). Eine gigantische Summe für eine Stadt, die eh schon tief in den roten Zahlen steckt. Der vernünftige Weg wäre, die gesetzlich vorhandenen Bestimmungen, wie etwa die Mietpreisbremse, zu verschärfen und das Planungsverfahren für Neubauten zu vereinfachen, denn Baugrund gibt es in Berlin genug.

Wird in Berlin überhaupt noch gebaut?

Es wird gebaut und zwar nicht einmal so wenig. Allein im sozialen Wohnungsbau sind im Jahr 2017 über 3000 neue Wohnungen entstanden und im Jahr 2018 ebenfalls über 3000 Wohnungen. Aber das reicht hinten und vorne nicht. Es drängen einfach zu viele Menschen in die Boomtown, die nicht nur Regierungssitz ist, sondern zugleich das deutsche Mekka der Software-Industrie.

Eine Enteignung wäre gerade in dieser Situation ein falsches Signal für Unternehmen, die sich im Wohnungsneubau engagieren, denn das Problem der fehlenden Mietwohnungen kann die Stadt allein nicht stemmen. Da kommen dann auch noch so Kleinigkeiten dazu wie das riesige Areal des ehemaligen Flughafens Tempelhof, das auch durch ein Volksbegehren zur unbebaubaren Zone erklärt wurde. Die von Berlin damals darauf geplanten und dann doch nicht gebauten 4700 Sozialwohnungen fehlen heute.

März 2019


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