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WEG-Verwalter müssen wie Bauherren handeln

Mit dem Urteil unter V ZR 162/22 vom 26. Januar 2024 setzte der BGH einmal mehr einen Markstein in Bezug auf das Immobilienrecht und im Besonderen bezüglich Pflichten der VerwalterInnen von Wohneigentümergemeinschaften.

Die Vorgeschichte

Im Juli des Jahres 2019 beschloss eine Wohnungseigentümergemeinschaft (GdWE), die Dacheindeckung des Wohnhauses erneuern zu lassen. Für die Arbeiten wurden vom beauftragten Werkunternehmer über 116.000 Euro veranschlagt. Im Laufe der voranschreitenden Arbeiten zahlte der Verwalter der GdWE an den Werkunternehmer insgesamt 104.500 Euro in 11 Teilzahlungsbeträgen aus. Noch vor der Beendigung der Arbeiten wurde die Bautätigkeit eingestellt, da ein privates Gutachten der Wohnungseigentümergemeinschaft die bisher durchgeführten Arbeiten als mangelhaft beurteilte.

Die GdWE reichte daraufhin einerseits Klage beim Amtsgericht Essen-Borbeck (05.08.2021 - 24 C 145/20 -) gegen ihren Verwalter auf Rückzahlung der 104.500 Euro ein, Hilfsweise andrerseits einer weiteren Klage gegen den Werkunternehmer durch dessen möglichen Rückzahlungen ausgeglichen. Zuzüglich vorgerichtliche Anwaltskosten und Zinsen. Im Weiteren sollte das Amtsgericht feststellen, dass der Verwalter für alle Schäden aufzukommen habe, die durch die Auszahlung des Betrages entstanden und noch entstehen.

Das Amtsgericht gab aber nur der Klage auf die Rückzahlung des Betrages statt, nicht dem zweiten Antrag auf Feststellung, dass der Verwalter für alle Schäden aufzukommen habe.

Der Verwalter ging in die Berufung, worauf hin das Landgericht Dortmund das Urteil des Amtsgerichts aufhob und einen Schadensersatzanspruch der GdWE verneinte. (LG Dortmund, Entscheidung vom 14.06.2022 - 1 S 160/21).

Nun wiederum ging die GdWE als Klägerin in die Revision und am 26. Januar 2024 fällte die 1. Zivilkammer des Bundesgerichtshofs ein Urteil (Leitsatz) und hob gleichzeitig das Urteil des Landgerichts Dortmund auf.

Was bedeutet das Urteil des BGH für GdWE und Verwalter?

Zum einen sind Verwalter verpflichtet, die Arbeiten von Werkunternehmern zu überwachen, genauso wie ein Bauherr oder eine Bauherrin bauliche Maßnahmen überwacht. Allerdings muss sich der Verwalter nicht durch spezielle Fachkenntnisse ausweisen und er muss auch nicht jedes Mal einen Fachmann bei der Begutachtung der Arbeiten dabeihaben. Die Beweislast, ob den Abschlagszahlungen eine werkhaltige Leistung gegenübersteht, liegt bei der GdWE, nicht beim Verwalter. Im Weiteren fällt die Haftung des Verwalters aus, solange Arbeiten in der Nacherfüllung noch fachgerecht durchgeführt werden können. Erst wenn der Verwalter eine Abnahme der erbrachten Leistung vornimmt, geht er in die Haftung.

Doch in diesem Punkt geht der BGH mit dem Amtsgericht aus dem ersten Urteil konform, dass Zahlungen aufgrund einer Klage gegen den Werkunternehmer mit den Schadensersatzansprüchen gegen den Verwalter aufgerechnet werden. Außerdem sind etwaige Schadensersatzansprüche der GdWE nur in dem Rahmen möglich, wie auch tatsächlicher Schaden entstanden ist. Ein pauschaler Schadenersatzanspruch über die gesamte Summe ist nicht möglich.

Was bedeutet dies zukünftig für Verwalter und GdWE?

Um solche Dinge zu vermeiden, die das üblicherweise bestehende Vertrauensverhältnis zwischen GdWE und Verwalter sicher trüben, bleibt als Ausweg nur, das zur Bauüberwachung ein Bausachverständiger hinzugezogen wird. Das bedeutet zwar entsprechende Mehrkosten, aber sowohl GdWE als auch Verwalter sind so auf der sicheren Seite, da im Zweifel die Schadenshaftpflicht des Sachverständigen einspringt.

Allerdings werden gerade bei kleineren Reparaturen oder Wohnungsinstandsetzungen nicht immer ein Bausachverständiger hinzugezogen. Das würde dann die Kosten der Instandsetzung glattweg verdoppeln und wäre auch nicht im Sinne einer wirtschaftlichen Führung bzw. Verwaltung einer Immobilie.

Da jedoch Hausverwaltungen gerade kleinere Reparaturen veranlassen, sollten auch diese „Kleinigkeiten“ nicht nur „blind“ bezahlt werden, sondern zuvor auch überprüft werden, ob die Maßnahmen vereinbarungsgemäß durchgeführt wurden. Nur vom Schreibtisch aus zu organisieren und Rechnungen zu bezahlen, ohne je einmal, spätestens bei Fertigstellung vor Ort gewesen zu sein, wäre zu einfach.

Jeder normale Bauherr prüft vor einer Zahlung, ob die Baufortschritte bzw. Fertigstellung auch korrekt sind. Dieses Urteil legt dem Verwalter einer Immobilie die Sorgfaltspflicht auf, wie ein Bauherr zu handeln.

Vorinstanzen:
AG Essen-Borbeck, Entscheidung vom 05.08.2021 - 24 C 145/20 -
LG Dortmund, Entscheidung vom 14.06.2022 - 1 S 160/21


März 2024


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